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Sam Beaugey in der Antarktis: Expedition per "Train Kite"!

In diesem Winter sind Sam Beaugey und sein Freund François zum "weißen Kontinent" gereist, um neue Gipfel in Mixed und Fels zu bezwingen. Sie haben die Querung des Holtanna Massivs in 12 Tagen auf sich allein gestellt per "Train Kite“ (eine Kombination aus Ski und Pulka gezogen von einem Kite) bewältigt! Sam und François erzählen von ihrem neuen Abenteuer...

24 April 2013

Bergsteigen

Sam Beaugey und die Antarktis

© Sam Beaugey

Nachdem er Queen Maud Land vier Jahre lang bereist hat, ist die Antarktis für Sam kein unbekanntes Terrain mehr. 2010 hat er mit Géraldine Fasnacht, Seb Collomb-Gros und Manu Pellissier den ersten Base Jump in diesem Eisgebiet ausgeführt: der „2041“ vom Gipfel des Holstind (Holtanna Massiv). In diesem Jahr kehrt er zusammen mit einem Freund in das Massiv zurück, um ihm diesen fantastischen Ort zu zeigen und sich mit ihm an den atemberaubendsten Landschaften unseres Planeten zu erfreuen! Antarktis, die unbewohnte Region, die wenn der Wind schweigt, von Licht und Stille in einen Ort verwandelt wird, dessen Magie jegliche Vorstellungskraft übersteigt.

 

 

Querung in 12 Tagen per "Train Kite"

 
© Sam Beaugey
© Sam Beaugey
 

Der dritte Tag der Querung gehört zu den Momenten, die uns am nachhaltigsten im Gedächtnis geblieben sind. Bereits am Morgen sind Windrichtung und -stärke perfekt zum Kiting auf einem 15 km breiten und ebenen Gletscher. Das „Train Kite“ System besteht aus einem Kit für zwei Personen und zwei Pulkas. Unsere Geschwindigkeit liegt bei 25 km/h, der Schnee ist weich, es gibt praktisch keine Sastrugi (stromlinienförmige Erhebungen und Rillen im Eis).

In der Nähe der Konfluenz zweier Gletscher macht sich der Schnee rar und das Eis ist allgegenwärtig, und ehe wir uns versehen, ist es bereits zu spät: Wir befinden uns auf einem mit Spalten durchzogenen Terrain. In diesem Moment drehe ich mich um und sehe, wie der eine Ski von François in einem Loch verschwindet. Ich lasse den Kite abfallen und halte sofort an. An einer Eisschraube richte ich einen Stand ein, lege mich flach auf den Bauch und bewege mich auf das Loch zu. Zwar haben wir in den Pulkas leichte Ersatzskier dabei, aber es handelt sich um Landlaufskier, und vor uns liegt noch ein weiter Weg. Ich werfe einen kurzen Blick in das Innere des Lochs und erschrecke. Der Ski hängt vier Meter tiefer an zwei kleinen Schneekugeln fest, aber die Spalte ist eine riesige Glocke und so groß wie das Gewölbe einer Kathedrale. An diesem brüchigen Rand am Seil hinabzuklettern kommt nicht in Frage. Mit Duct Tape kleben wir zwei Skistöcke und ein Eisgerät zusammen und machen uns ans Angeln. Wir bekommen die Bindung zu fassen, der Ski rutscht nicht, die Unternehmung ist geglückt.

Jetzt müssen wir aus dem Schweizer Käse heraus. Ein prüfender Blick durchs Fernglas sagt uns, das es gefährlicher ist umzukehren, als einen Ausstieg nach Osten zu wagen. Wir seilen uns an, überprüfen die Entriegelungsgriffe der Pulkas, und bewegen uns bedächtig 30 Minuten lang auf den Skiern fort und halten den Atem an...

Geschafft! Wir haben festes und glattes Eis erreicht. Jetzt werden die Steigeisen angelegt und mit den Pulkas an der Leine machen uns an den Abstieg zur Moräne, es sieht aus, als wäre der Tag bald überstanden. Aber ein Gletscherfluss versperrt uns den Weg zur Moräne. Nach mehreren Versuchen müssen wir feststellen, dass das Eis über dem Wasser zu dünn ist, und die Tiefe und die Strömung keine besonders guten Voraussetzungen für die Überquerung bieten. Eine Stunde lang versuchen wir es mit einem Umweg von Südwesten, aber dann sagt uns ein Blick durchs Fernglas, dass es keine Gletschermühle gibt, durch die das Wasser ablaufen könnte und dass dieser 70 Meter breite Fluss mindestens 15 km nach Süden fließt und uns den Weg versperrt. Wir müssen also eine Möglichkeit finden, ihn zu überqueren. Nach mehreren Versuchen scheinen wir einen Bereich gefunden zu haben, in dem das Eis, das den Fluss bedeckt, etwas solider ist. Wir gehen zuerst ohne Schlitten auf das Eis und sondieren es mit dem Stock.

Der Vorteil ist, dass wir mit den Skiern weniger Druck erzeugen. Es geht! Aber jetzt müssen wir wieder zurück und den Fluss noch einmal mit den Schlitten überqueren. Nach 3 aufreibenden Stunden sind wir endlich auf der anderen Seite. Jetzt müssen wir noch ein Fleckchen Schnee finden, der am Eis haften geblieben ist, um unser Biwak einzurichten. Ein schöner, sonniger Tag in der Antarktis!

-- Sam Beaugey

 

© Sam Beaugey  

 

Der Bericht in Bildern

 

Trotz des späten Aufbruchs legen wir ohne einen Windhauch an diesem Tag 20km zurück. Für morgen steht die Bezwingung eines ziemlich steilen Passes mit den beiden Schlitten auf dem Programm. Wir müssen die Lasten sicher in mehreren Malen transportieren, ansonsten werden wir den Pass nicht schaffen.

© Sam Beaugey

© Sam Beaugey

 

© Sam Beaugey

© Sam Beaugey

Gegen 22 Uhr stellt sich der katabatische Wind ein und bläst die ganze Nacht hindurch. Wir erreichen jetzt von starken Winden heimgesuchte Gebiete. Achtsamkeit ist geboten.

 

Es ist nicht viel Schnee da, um das Zelt aufzustellen. Der Wind ist über die ganze Region hinweggefegt  und hat das Eis zum Vorschein gebracht. Der Ulvetanna zeichnet sich noch in über 100 km Entfernung vom anfänglichen Basislager am Horizont ab.

© Sam Beaugey

© Sam Beaugey

 

© Sam Beaugey

Der Wächter des Tungaspissen

Eine Verschneidung, die kein Ende zu nehmen scheint in dieser Wand. Keine Besonderheit in dieser Region.

© Sam Beaugey

Noch 40km bis zur Ankunft. Nachdem wir vier Tage wegen des schlechten Wetters und einer Sichtbarkeit von nur 5 m im Zelt gewartet haben, ist es nun Zeit zum Aufbruch. Auf uns warten sechs- bis siebenstündige Skifahrten täglich.

© Sam Beaugey

Ein kurzer Besuch in der russischen Forschungsstation. Der Panzer kann 3 bis 6 Wagonladungen ziehen, um die gelöschte Ladung des Eisbrechers bis zum Basiscamp zu transportieren.

 

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